Was haben Konflikte mit Heilung zu tun?

von Heike Nolte

Wer möchte schon gern Konflikte haben? Sie sind anstrengend, kosten Zeit, Kraft und verursachen Stress. Sie sind geprägt von gegensätzlichen Energien, bringen einen aus der inneren Mitte, rufen Spannung, Angst und Wut hervor. Es kann zu Ablenkungen, Blockaden und Machtkämpfen kommen, geprägt von einem Gefühl des Gegeneinander und des Kampfes. Es fängt mit einer Meinungsverschiedenheit an, führt zu Streit, es entstehen Verletzungen und es kann sogar zu einem Krieg kommen. Jeder fühlt sich im Recht und wenn die Menschen nur ein bisschen mehr wären wie man selbst, was wäre die Welt doch für ein schöner Ort. Vieles davon liegt im Unbewussten und wurde durch einen Reiz erst ausgelöst. Der Mensch fühlt sich getriggert, ein pro und kontra entsteht. Die Realität ist so ganz anders wie man sich das vorgestellt hat. Es gibt nur wenige Menschen, die nicht in einer liebe- und friedvollen Welt leben wollen, doch wer kann wirklich in ständiger Harmonie und Einklang mit sich und seiner Umwelt leben?

Heilung ist das Zauberwort, wenn wir erst an Körper, Geist und Seele geheilt sind, dann ist die Welt vielleicht so wie wir sie uns wünschen, zumindest ein bisschen besser. Regelmäßig treffen sich Interessierte in der Oekogekko in Wilhelmshorst, um gemeinsam einen „Tag der Heilung“ zu verbringen. Über vieles wurde schon geredet, ausprobiert, reingespürt, inne gehalten, Energie bewegt, gemeinsam gegessen, ausgetauscht, informiert, geatmet, gefühlt, gesammelt und vieles mehr, was mit Gesundheit und Heilung zu tun hat. Die Themen dafür gehen uns nicht aus und im Januar stand nun das Thema „Konflikte besser lösen“ auf dem Programm. Wie kommt es zu Konflikten und was ist ein Konflikt überhaupt? Was braucht es für Grundlagen, Fähigkeiten und Methoden, um erfolgreich einen Konflikt lösen zu können?

Kein leichtes Thema und vor allem so vielfältig, dass man sich damit mehrere Tage, Wochen oder auch das ganze Leben beschäftigen könnte. Es gibt so viele Aspekte, die dazu gehören oder mit hineinspielen, dass es unmöglich ist, einen vollständigen Überblick zu bekommen und erst recht kein allgemein gültiges Handlungsschema in ein paar Stunden zu entwickeln, wonach dann jeder Konflikt schnell lösbar ist.
Dennoch ist es hilfreich, sich intensiver damit zu beschäftigen, denn wenn das Bewusstsein dafür wächst, was hinter einer Auseinandersetzung steckt, öffnen sich neue Horizonte und Spielräume. Die Ohnmacht, die man zunächst bei den Schwierigkeiten empfinden mag, wandelt sich in neue Möglichkeiten des Umgangs mit sich selbst und mit seiner Umgebung.

Die Lösung von Konflikten führt zur Heilung, aber es geht nicht nur darum, sich wieder besser zu fühlen. Durch die Bewältigung von Auseinandersetzungen lässt sich herausfinden, was einem selbst besonders wichtig ist, aber auch, was einen anderen Menschen ausmacht und was ihm wichtig ist. Wir spüren sehr genau, wo unsere Grenze ist und wo die des anderen Menschen. Wo aus dem Wir ein Ich und ein Du wird und wo es eine individuelle Ebene gibt, die wichtig ist, die es zu respektieren gilt und die jeden von uns einzigartig und besonders macht. Mit einem höheren Bewusstsein für unsere eigene und die Individualität meines Gegenübers ist es möglich ein neues Wir zu formen.

Manche Konflikte mögen so intensiv sein, dass es sich eher um Verstrickungen auf einer tiefen energetischen Ebene handelt, die sich nicht mit den herkömmlichen Mitteln der Kommunikation und Konfliktbewältigung lösen lassen. Doch auch dann gibt es Möglichkeiten, sich davon zu befreien und mehr Handlungsspielraum zur Verfügung zu haben.

Als unbewusste Reaktionsmöglichkeiten auf einen Konflikt, Angst oder Gefahr kennen wir Kampf, Flucht und Erstarrung. Das geschieht ganz automatisch und gehört zu den natürlichen Schutzmechanismen. Wenn wir einen Konflikt nicht lösen können, werden wir auf eine dieser Reaktionen zurückfallen. Manchmal gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, eine Konfrontation anders lösen zu wollen. Dazu ist es wichtig, zu akzeptieren, dass man sich tatsächlich in einem Konflikt befindet. Gute Selbstbeobachtung kann dabei hilfreich sein. Wie geht mein Atem? Wo ist mein Puls? Welche körperlichen Symptome kann ich feststellen? Kopf- oder Bauchschmerzen, Schwindel oder ähnliches? Achtsam gilt es zu erkunden, was dieser Konflikt mit einem selbst zu tun hat. Was ist der eigene Anteil und was ist fremd? Vielleicht auch genauer reinspüren oder nachfragen, was möchte der andere einem sagen? Wenn man spürt, dass die eigenen Grenzen verletzt wurden, dass man dies achtsam zum Ausdruck bringt oder zunächst auch die Situation verlässt, um sich zu sammeln. Es ist wichtig die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu benennen.

Es ist eine große Herausforderung, so miteinander zu kommunizieren, dass man von seinem Gegenüber verstanden wird. Im Konfliktfall ist die Gefahr für Missverständnisse noch viel größer. Viele kluge Köpfe haben bereits viel Wissen zusammengetragen, wie sich die Kommunikation verbessern lässt. Dazu zählen die Grundlagen der Kommunikation von Schulz von Thun. Er hat gut beschrieben, dass
jede Nachricht nicht nur eine Sachinformation, sondern insgesamt vier Seiten enthält:
Sachebene, Beziehungsebene, Selbstaussage und einen Appell.
Freud hat im so genannten Eisbergmodell darauf hingewiesen, dass nur ein kleiner Teil der Kommunikation auf der sichtbaren Ebene und der größere Teil auf der unsichtbaren Ebene abläuft. Die Kenntnis solcher Zusammenhänge kann bereits einiges zum besseren Verständnis beitragen. Darüber hinaus sind in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe von Kommunikationsmethoden entwickelt worden, um sich besser zu verständigen. Dazu zählen die Gewaltfreie Kommunikation, Aktives Zuhören und das Ehrliche Mitteilen. Im Netzwerk gibt es bereits Gruppen, die sich treffen, um das Ehrliche Mitteilen miteinander zu üben.

Beim Tag der Heilung haben wir uns besonders mit dem Modell der Konflikttypen aus dem Buch von R. Enzler „Die Kunst des klugen Umgangs mit Konflikten“ beschäftigt. Jeder Mensch trägt selbstverständlich alle Elemente der drei unterschiedlichen Typen in sich, dennoch bildet sich bei den meisten Menschen ein dominantes Verhaltensmuster heraus, um Konflikte zu bewältigen. Es gibt keinen Typ, der besser oder schlechter ist, jedoch lassen sich bei jedem Typ unterschiedliche Prioritäten feststellen, die klarer erkennen lassen, worum es im Konflikt geht und mit welcher „Brille“ die Konfliktparteien an die Sache herangehen. Man unterscheidet in den Sozialen Typen, den Ordnungsstruktur- und den Erkenntnistypen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Charakteristika der
unterschiedlichen Muster:

Ordnungsstrukturtyp

– strebt nach Einfluss und Kontrolle
– Karriere, Rechthaben wollen und
Bewunderung
– denkt systemisch und ordnet Umwelt
nach Hierarchien
– Kritik wird als Abwertung empfunden
– reagiert mit Schuldzuweisung,
Ablenkung und Verweis auf Regeln
– gilt als durchsetzungsstark,
kämpferisch und charismatisch
– verstrickt sich in Machtkämpfen
– lässt dem Gegenüber nur die Wahl
„für“ oder „gegen“ ihn

Sozialer Typ

– möchte es möglichst jedem
recht machen und möchte von
allen geliebt werden
– strebt nach menschlicher
Verbindung, Anerkennung und
Zugehörigkeit
– hat große Angst, aus dem
sozialen Netz ausgeschlossen
zu werden
– neigt zur Konfliktvermeidung
– leugnet lange Probleme
– leidet stark an inneren
Konflikten, da er dazu neigt,
eher das Leben von und für
andere zu leben

Erkenntnistyp

– verinnerlicht das
Leistungsprinzip, strebt aber
auch nach innerer Entfaltung und
kreativem Freiräumen
– sucht Wissenzuwachs und
Autonomie
– hat Angst vor Stillstand, Routine
und Einengung
– reagiert mit innerer Unruhe,
Suche nach neuen
Herausforderungen
– neigt zu hektischem und
sprunghaftem Verhalten
– bricht schnell Brücken ab und
fängt neu an
– Direkt- und Sachorientiert, ist
gradlinig und hat eine hohe
Leistungserwartung
– neigt zum „Elefant im
Porzellanladen

Vielleicht kann man beim lesen bereits für sich selbst eine Präferenz erkennen, aber wer sich nicht ganz sicher ist, kann auch einen Selbsttest dazu machen. Er gibt Aufschluss darüber, welche Wichtigkeit die Themen Ordnung, soziale Kontakte und Wissen im eigenen Leben, aber insbesondere bei auftretenden Konflikten einnehmen. Selbstverständlich sind alle drei Themen im Zusammenleben wichtig und das Wissen darum, kann für mehr Verständnis und Ausgleich sorgen, wenn jeder die Verantwortung für seinen Bereich trägt.

Vielleicht kann man beim lesen bereits für sich selbst eine Präferenz erkennen, aber wer sich nicht ganz sicher ist, kann auch einen Selbsttest dazu machen. Er gibt Aufschluss darüber, welche Wichtigkeit die Themen Ordnung, soziale Kontakte und Wissen im eigenen Leben, aber insbesondere bei auftretenden Konflikten einnehmen. Selbstverständlich sind alle drei Themen im Zusammenleben wichtig und das Wissen darum, kann für mehr Verständnis und Ausgleich sorgen, wenn jeder die Verantwortung für seinen Bereich trägt.

Aktuell erleben wir einen sehr starken gesellschaftlichen Zwang zur Konformität und Einschränkung des Meinungskorridors, gleichzeitig wird beteuert, dass es um mehr Vielfalt und Toleranz gehen würde. Beides ist jedoch nicht miteinander vereinbar, so dass dem wachsenden Druck zur Vorgabe von Denk- und Verhaltensmustern unweigerlich auch der Gegendruck wächst. Konflikte entstehen, wenn die individuellen Werte und Vorstellungen missachtet werden und sie sind ein wichtiges Korrektiv, damit die Individualität und Kreativität in einer Gesellschaft erhalten bleiben. Eine vielfältige und tolerante Gesellschaft kann sich nur aus der Anerkennung und dem Respekt gegenüber jedem einzelnen Menschen ergeben und wo dies nicht geschieht, sind Konflikte unerlässlich. Sie werden auch weiterhin unser Leben bestimmen, ja sie sind vielleicht sogar der wichtigste Bestandteil unserer Entwicklung. Wir haben es in der Hand, aus Konflikten zu lernen, Stress und Angst nicht überhand werden zu lassen, sondern gezielt mit sich selbst und dem Gegenüber daran zu arbeiten, gute Lösung zu finden. Da wo das erfolgreich gelungen ist, wird sich sowohl innerer Frieden als auch Heilung einstellen.

Wer Lust hat, sich mit anderen interessierten Menschen zu den vielfältigsten Themen über Heilung auszutauschen, der fühle sich zum nächsten „Tag der Heilung“ in der Oekogekko herzlich eingeladen. Ideen, Vorschläge und aktives Einbringen sind ausdrücklich erwünscht. Der Tag der Heilung ist ein Gemeinschaftsprojekt und lebt vom Engagement der Menschen, die dabei sind. Es wird gern gesehen, wenn der Teilnahmebetrag nicht in EURO sondern in Minuto, einer alternativen Währung, geleistet wird.

Ein Gedanke zu „Was haben Konflikte mit Heilung zu tun?“

  1. Sehr schön formuliert und zusammen gefasst, finde ich, liebe Heike…
    Hab mich ein Stück mehr erkannt und auch etwas die Angst vor einem Konflikt verloren.
    Danke für den Beitrag 🙏🏻

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